MEHRSPRACHIGKEIT UND MIGRATION
DEFINITION
Man spricht von Mehrsprachigkeit, wenn ein Kind zur gleichen Zeit die Laute, Wörter und Grammatik von mindestens zwei unterschiedlichen Sprachen lernt. Der gleichzeitige Erwerb von Hochdeutsch und Sächsisch wird jedoch nicht als mehrsprachig verstanden.
BEDEUTUNG DER FÖRDERUNG VON MUTTERSPRACHE UND MEHRSPRACHIGKEIT
Insbesondere aus sprachwissenschaftlicher Sicht wird die Beherrschung unterschiedlicher Sprachen als mehrsprachige Kompetenz angesehen.
Doch die sprachliche Situation von ethnischen Minderheiten in Deutschland ist dadurch geprägt, dass die Minderheitensprachen keinen gleichwertigen Status besitzen. Oftmals resultieren daraus für die Sprecher einer Minderheitensprache negative Auswirkungen auf die Identitätsbildung und Persönlichkeitsentwicklung. So machen Kinder oft die Erfahrung, dass ihre Sprache nur in der Kommunikation mit der Familie und der eigenen ethnischen Gemeinschaft einen Wert besitzt.
Mehrsprachigkeit wird in solch einem Fall nicht als Wert empfunden. Sogar die Bundesregierung zielt in ihren Integrationsbemühungen vielmehr darauf ab, das Erlernen der deutschen Sprache in den Fokus zu stellen, wobei die Förderung der Muttersprache außer Acht gelassen wird. Dabei wird heute allgemein anerkannt, dass die Entwicklung der Muttersprache in ganz besonderer Weise die kognitive, psychische und soziale Entwicklung des Kindes prägt. Denn beim Erlernen einer Sprache werden auch Werte und Normen der Sprachgemeinschaft vermittelt.
Daher sollte im Idealfall neben einer angemessenen Förderung der deutschen Sprache ebenfalls die Muttersprache in der familiären und deutschsprachigen Umgebung unterstützt werden. Mehrsprachigkeit als Chance begreifen, heißt Kindern die Möglichkeit geben, sich bereits in jungen Jahren mit unterschiedlichen Kulturen, Normen und Sitten auseinanderzusetzen und aus Elementen verschiedener Kulturen etwas Neues zu schaffen.
SPRACHSTRUKTURELLE ABWEICHUNGEN VS. UMFASSENDE SPRACHSTÖRUNG
Zwischen der Idealvorstellung einer angemessenen Förderung der Mehrsprachigkeit und der Realität besteht eine Kluft. Dass in unserer heutigen multikulturellen Gesellschaft zunehmend mehr mehrsprachige Kinder zur sprachtherapeutischen Intervention vorgestellt werden, ist ein Beleg dafür.
Die Diagnosen wie Dysgrammatismus, Aussprachestörung, Stottern u.ä. als umfassende Sprachstörungen häufen sich. Das grundsätzliche Problem bei Mehrsprachigkeit besteht in einer diagnostischen Abgrenzung zwischen erwerbsbedingten Sprachschwierigkeiten und Sprachstörung.
Daher ist bei mehrsprachigen Kindern insbesondere darauf zu achten, sprachliche Auffälligkeiten nicht mit Sprachstörungen zu verwechseln. Sprachliche Auffälligkeiten resultieren aus den Besonderheiten einer Sprache. So hat jede Sprache in verschiedenen Bereichen wie Aussprache, Grammatik, Ausdruck, etc. ihre eigenen Regeln. Insofern kann es beim Erwerb der deutschen Sprache als Zweitsprache zu ganz typischen sprachlichen Auffälligkeiten kommen. Solche Probleme kann ein normal entwickeltes Kind im Laufe der Entwicklung entweder alleine oder aber mit Hilfe von Förderung bewältigen.
Abschließend gibt die folgende Abbildung einen Überblick über typische Fehler in Zusammenhang mit Mehrsprachigkeit auf verschiedenen Ebenen.