Stottern

Definition

Stottern ist eine Störung des Redeflusses, welche durch auffallend häufige Unterbrechungen und eine hohe Anzahl an Wiederholungen von Lauten, Silben oder Sätzen beim Sprechablauf gekennzeichnet ist.

Stottern kann bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen auftreten. Die folgenden Ausführungen orientieren sich jedoch aus Gründen der besseren Verständlichkeit am Beispiel betroffener Kinder.

Abzugrenzen ist Stottern von ganz normalen entwicklungsbedingten Sprechunflüssigkeiten, die bei fast allen zwei- bis sechsjährigen Kindern auftreten. Kinder entwickeln ihre Fähigkeiten im Bereich der Aussprache, des Wortschatzes, der Grammatik und der Kommunikation Schritt für Schritt.

Mit den steigenden Ausdrucksmöglichkeiten wachsen aber auch gleichzeitig die Anforderungen an die Sprechflüssigkeit. Das im Folgenden beschriebene komplexe Zusammenspiel aller am Sprechen beteiligten Faktoren muss für immer längere, kompliziertere Äußerungen funktionieren.

Funktionsweise des Sprechens

Das Sprechen ist ein komplexes Zusammenspiel von Bewegungen, wobei insbesondere folgende Funktionsbereiche koordiniert werden müssen:

  • Atmung
  • Stimmgebung
  • Artikulation

An diesem Zusammenspiel sind die Muskelgruppen des ganzen Körpers beteiligt. Die zentrale Steuerung übernimmt dabei das Gehirn. Die Funktionsweise des Sprechens soll im Folgenden kurz veranschaulicht werden.

Funktionsweise des Sprechens

1.
Bevor die Stimme erzeugt wird, muss zunächst Luft eingeatmet werden. Die Stimmlippen sind demnach bei der Atmung geöffnet.

Atemstellung der Stimmlippen

2.
Nach der Einatmung werden die Stimmlippen dann geschlossen, und es erfolgt die Stimmgebung mit Hilfe der eingeatmeten Luft.

Durch den Ausatemstrom werden die aneinander liegenden Stimmlippen in Schwingung versetzt. Dabei werden unterschiedliche Töne produziert.

3.
Diese Töne werden anschließend von den Sprechwerkzeugen (Zunge, Lippen, Kiefer, Gaumensegel) geformt. Je nachdem, welche Buchstaben wir aussprechen, begeben sich unsere Sprechwerkzeuge in verschiedene Positionen. Wir sprechen von Artikulation.

Stimmlippenverschluß bei Stimmbildung

Abbildungsnachweise:
Dysarthrie und Dysarthrophonie - eine Informationsbroschüre der Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik,
S. 5

Funktionsweise des Sprechens

1.
Bevor die Stimme erzeugt wird, muss zunächst Luft eingeatmet werden. Die Stimmlippen sind demnach bei der Atmung geöffnet.

Stimmlippen bei der Atmung

2.
Nach der Einatmung werden die Stimmlippen dann geschlossen, und es erfolgt die Stimmgebung mit Hilfe der eingeatmeten Luft.

Durch den Ausatemstrom werden die aneinander liegenden Stimmlippen in Schwingung versetzt. Dabei werden unterschiedliche Töne produziert.

3.
Diese Töne werden anschließend von den Sprechwerkzeugen (Zunge, Lippen, Kiefer, Gaumensegel) geformt. Je nachdem, welche Buchstaben wir aussprechen, begeben sich unsere Sprechwerkzeuge in verschiedene Positionen. Wir sprechen von Artikulation.

Vollständiger Stimmlippenschluss bei der Stimmbildung

Ursachen

Den meisten Kindern gelingt der Übergang von der Phase entwicklungsbedingter Sprechunflüssigkeit in die Phase flüssigen Sprechens.

Im Gegensatz dazu verstärken sich bei etwa 5 % der Kinder die Sprechunflüssigkeiten, bei etwa 1 % der Kinder entwickelt sich daraus sogar ein chronisches Stottern.

Die Ursachen hierfür sind nicht eindeutig geklärt. Allerdings werden insbesondere folgende Faktoren als mögliche Ursachen diskutiert:

Unsichtbarer Abstandhalter Organische Ursachen Unsichtbarer Abstandhalter
  • Fehlbildungen der Sprechwerkzeuge
    (z.B. Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte)
  • Hörstörungen
  • Neurologische Störungen
    (z.B. Störung bei der Kontrolle von Sprechbewegungen aufgrund Hirnverletzung)
Verbindungsstrich
     Stottern     
Verbindungspfeil
  Verbindungspfeil
Erblich bedingte Ursachen Unsichtbarer Abstandhalter Psychosoziale Ursachen
  • Familiäre Disposition:
    z.B. familiäre Sprachschwäche - Voraussetzungen für den Erwerb flüssigen Sprechens ungünstig
  • Geschlechtliche Disposition: Stottern bei männlichen Personen häufiger
  • Angst, Stress, Aggressionen
  • Schlechte Umweltbedingungen
    (z.B. entwicklungsbedingte Sprechunflüssigkeiten entwickeln sich zu Stottern aufgrund negativer Reaktionen der Umwelt)
[Eigene Darstellung]

Stottern

Organische Ursachen

  • Fehlbildungen der Sprechwerkzeuge (z.B. Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte)
  • Hörstörungen
  • Neurologische Störungen (z.B. Störung bei der Kontrolle von Sprechbewegungen aufgrund Hirnverletzung)

Erblich bedingte Ursachen

  • Familiäre Disposition: z.B. familiäre Sprachschwäche – Voraussetzungen für den Erwerb flüssigen Sprechens ungünstig
  • Geschlechtliche Disposition: Stottern bei männlichen Personen häufiger

Psychosoziale Ursachen

  • Angst, Stress, Aggressionen
  • Schlechte Umweltbedingungen (z.B. entwicklungsbedingte Sprechunflüssigkeiten entwickeln sich zu Stottern aufgrund negativer Reaktionen der Umwelt)

[Eigene Darstellung]

Die Darstellung zeigt, dass diese Faktoren sich auch gegenseitig beeinflussen. So kann etwa erst durch das Zusammenwirken erblich bedingter und psychosozialer Faktoren Stottern verursacht werden.

Beispiel: Ein Kind erbt eine familiäre Sprachschwäche. Daraus muss nicht zwangsläufig eine Sprachstörung (z.B. Stottern) resultieren. Lediglich die Wahrscheinlichkeit einer Sprachstörung ist höher als bei Kindern ohne familiäre Sprachschwäche.

Wenn jedoch zusätzlich ungünstige Rahmenbedingungen z. B. aufgrund negativer Reaktionen der Umwelt vorliegen, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass das Kind eine Sprachstörung entwickelt.

Symptome

Auch die in der folgenden Abbildung dargestellten Symptome können nicht isoliert für die Entstehung und Aufrechterhaltung des Stotterns verantwortlich gemacht werden.

Vielmehr wird infolge von vermehrten Sprechunflüssigkeiten ein Teufelskreis in Gang gesetzt. Dem gestörten Selbstbild des Betroffenen und dem oftmals selbst erzeugten Druck, den Kommunikationsanforderungen des Umfeldes gerecht zu werden, begegnet dieser entweder mit vermehrter Sprechanstrengung oder sprachlichem Rückzug. Dadurch werden positive Sprech- und Kommunikationserfahrungen erschwert und die Leit- und Begleitsymptomatik verstärkt.

Leitsymptome

  • Wiederholungen von Wörtern, Lauten und Silben
    (z.B. er-er-er singt, Rege-ge-ge-gen, K-K-K-Kaffee)
  • Dehnungen
    (z.B. wwwwaaaas)
  • Blockaden in Form von Verharren
    (z.B. S….stuhl)
  • Vermeidung schwieriger Wörter
    (z.B. Großmutter statt Oma, da oft Vokalanfänge schwierig sind)

Begleitsymptome

  • Verspannungen in Lippen, Gesicht und Hals
  • Verkrampfte Fehlatmung
  • Mitbewegungen des ganzen Körpers
  • Negative Gefühle wie Angst, Scham oder Peinlichkeit

[Eigene Darstellung]

Therapie

In der Praxis fällt es den Eltern oftmals schwer, entwicklungsbedingte Redeunflüssigkeiten von Stottern zu unterscheiden.

Daher gilt grundsätzlich:
Je früher Eltern für ihre Kinder professionelle Beratung in Anspruch nehmen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des flüssigen Sprechens. Laut einer Studie führt eine rechtzeitige Therapie bei ca. 60-80% der Kinder zu einem Aufhören des Stotterns.

Im Rahmen einer sprachtherapeutischen Therapie konzentrieren wir uns im Wesentlichen darauf, den Betroffenen auf eine spielerische Art und Weise die Sprechangst zu nehmen und positive Kommunikationserfahrungen zu ermöglichen.

Die Behandlung erfolgt in Zusammenarbeit mit den Eltern und richtet sich individuell nach dem Alter des Kindes und den vorliegenden Leit- und Begleitsymptomen.

Damit wird sichergestellt, dass neben dem Aufbau von Sprech- und Kommunikationsfähigkeiten auch negative Gefühle gegenüber dem Stottern abgebaut werden und ein selbstsicherer Umgang mit eventuell bestehen bleibenden Symptomen ermöglicht wird.

Literatur

Bücher

  • Grohnfeldt, M. (2001): Lehrbuch der Sprachheilpädagogik und Logopädie, Band 2 – Erscheinungsformen und Störungsbilder
  • Siegmüller, J. und Bartels, H. (2006): Leitfaden – Sprache, Sprechen, Stimme, Schlucken

Broschüre

  • Stottern bei Kindern (2002): eine Informationsbroschüre der Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik (dgs)
  • Stottern bei Jugendlichen und Erwachsenen (2004): eine Informationsbroschüre der Deutsche Gesellschaft für Sprachheilpädagogik (dgs)